Anfang Oktober war es Zeit, die Kälber von den Kühen zu trennen und nach Nanton zu schicken. In Vorbereitung darauf wurde die Herde zwei Wochen zuvor auf eine Weide in der Nähe des Hauses und somit angrenzend an die Koppeln getrieben. Dort war das Gras seit dem Frühling wieder schön nachgewachsen.

In diesem Jahr war es möglich, zweimal zu weiden

Für uns ist es nach den trockenen Jahren in Nanton eine wiederentdeckte Sensation, dass Weiden zweimal jährlich abgeweidet werden können! Natürlich sind wir uns von der Schweiz her genug Niederschlag gewohnt und dass es mehrere Schnitte gibt. Aber nach nahezu einem Jahrzehnt im trockenen Süden Albertas müssen wir uns erst wieder daran gewöhnen, dass Felder mehr als einmal pro Jahr genutzt werden können, sei es zum Weiden oder zur Futterproduktion. Und dank der vielen Sonnenstunden hier oben – wir sind zwar noch nicht ganz im Gebiet der Mitternachtssonne, aber fast – wächst das Grünzeugs wie verrückt. Für die lokalen Farmer war es zwar ein trockenes Jahr, aber nachdem wir mehrere Dürrejahre erlebt haben, können wir nur sagen: «Solange es noch nicht braun ist und ‹chnüsperlet› unter den Füssen, ist es nicht wirklich trocken!»

Die Kälber werden nach Nanton transportiert

Die Kälber wurden mit drei Lastwagen nach Nanton in den Mastbetrieb transportiert. Um die Kühe und Kälber an die Koppeln zu gewöhnen, liess Markus die Tore einige Tage vor dem Sortieren offen. So gingen die Tiere hinein und weideten das Gras dort ab, während sie sich an die Umgebung gewöhnten. Am Tag vor dem Transport trieben Markus und der neue Angestellte alle Tiere in die Gehege und separierten am Abend die Kälber, sodass am nächsten Morgen nur noch geladen werden musste, bevor die neun Stunden dauernde Fahrt angetreten wurde.

Damit alles reibungslos abläuft, kann das Laden erst bei Tagesanbruch beginnen und dann dauert es natürlich um die zwei Stunden, bis 270 Kälber verladen und die Lastwagen fahrbereit sind. Mit der Abfahrt der Kälber wird der Lärm zwar etwas weniger, aber die Kühe muhen noch einige Tage weiter und suchen ihre Kälber. Und wenn um die 300 Kühe muhen, gibt das einen ziemlichen Lärm. Wir konnten die Herde zum Glück kurz darauf auf eine neue Weide treiben, wo das frische Futter sie dann etwas ablenkte.

Die Mulcher laufen wieder

Nach einer Pause, die länger war als geplant, sind die zwei Fendt-Traktoren mit den Seppi-Mulchern wieder am Werk. Wir sind froh um jede Hektare, die sie vor dem Winter mulchen, damit wir hoffentlich am Ende genügend Futter auf dem eigenen Land produzieren können und nicht das ganze Winterfutter zukaufen müssen, wie wir es dieses Jahr wieder tun mussten. Die zum Teil langen Transportwege kosten Zeit und Geld. Wir konnten nun doch noch 200 Rundballen Heu auftreiben, mit dem wir neben den Mutterkühen auch unsere Milchkühe füttern werden. So kann ich auch im Winter weiter käsen. Da bin ich froh drum, denn was ich sonst alles mit der Silomilch hätte machen sollen, weiss ich nicht.

Der Herbst endet nun definitiv

Das Gartenjahr kommt nun zu seinem Ende und wir sind dankbar für eine im Grossen und Ganzen gute Ernte. Auf Ende Oktober sind Minustemperaturen angesagt und die ersten Schneeflocken erscheinen auf der Wettervorhersage. Den Kanada-Gänsen nach zu urteilen, welche nun in grossen Gruppen und stetig Richtung Süden unterwegs sind, stimmt diese Vorhersage. Nun ja, früher oder später musste der wunderbare und warme Herbst ja zu Ende gehen. Wir haben einige Ster Feuerholz geschnitten und gespalten und sind somit bereit für den Winter. Es wird nie unsere Lieblings-Jahreszeit sein, aber einen richtigen Winter zu haben, hat auch Vorteile: Man widmet sich dann endlich den lange vernachlässigten Arbeiten und Projekten unter dem Dach und hat wieder etwas mehr Zeit für Unternehmungen mit den Kids.

Sport für die kleine Josephine

Wir konnten Josephine beim therapeutischen Reiten und Schwimmen in Valleyview anmelden. Wir sind dankbar, dass diese Programme in einem so kleinen und abgelegenen Ort angeboten werden. Es hilft Jo nicht nur dabei, ihre Bewegungsfreiheit zu erhalten und Muskeln aufzubauen, sondern ist auch eine Stärkung ihres Selbst-bewusstseins. Andernfalls ist Sport für sie keine Option. Es ist manchmal eine Gratwanderung, Elena und Quinn auch gerecht zu werden, wenn Jo mehr Zeit gewidmet wird aufgrund von Terminen und Therapien, aber sie akzeptieren das gut und helfen ihrer «grossen» Schwester, wo immer sie können.

Zur Person

Alexandra Ruckstuhl und ihr Mann Markus sind 2015 zum zweiten Mal aus der Schweiz nach Kanada ausgewandert. Das erste Mal kehrte die Familie zur Behandlung einer lebensbedrohenden Krankheit ihrer ersten Tochter Josephine in die Schweiz zurück, die zum Glück erfolgreich verlief. Nach der Geburt der zweiten Tochter Elena ist Familie Ruckstuhl in ihre Wahlheimat zurückge­kehrt. 2019 ist Sohn Quinn auf die Welt ge­kommen. Seit 2022 wohnen sie in der Nähe des Weilers Sunset House, wo Markus Ruck­stuhl auf einer grossen Farm angestellt ist.